Dem Ehegatten und Verwandten in gerader Linie, das heißt Eltern und Kindern steht ein Anspruch zu, der sich nicht ohne Weiteres ausschließen lässt: der Pflichtteil. Die Basics, was das im Erbfall und für die Testamentsgestaltung bedeutet, erkläre ich hier.

Pflichtteilsberechtigte sind prinzipiell erst einmal der Ehegatte und die Abkömmlinge. Aber auch die Eltern, wenn ein Kind beispielsweise vorverstorben ist. Nie pflichtteilsberechtigt hingegen sind Geschwister. Der Pflichtteilsanspruch entspricht normalerweise der Hälfte der gesetzlichen Erbquote. Dazu muss man erst einmal ermitteln, wie hoch denn die gesetzliche Erbquote wäre. Dazu möchte ich mich an dieser Stelle nicht auseinandersetzen. Wer dazu etwas näher wissen möchte, kann sich gerne meine Folge Warum Eduard und Mathilde ein Testament machen sollten, anhören. Da gehe ich auch auf die gesetzliche Erbquote ein.

Voraussetzungen des Pflichtteilsanspruchs sind, dass der Betreffende, der Pflichtteilsberechtigte ist, nicht Erbe geworden ist.

Das heißt, es muss immer eine letztwillige Verfügung vorhanden sein, also ein Testament oder ein Erbvertrag, aus dem ein Ausschluss des Betreffenden aus der Erbfolge hervorgeht. Nicht notwendig ist es, dass dieser Ausschluss ausdrücklich erfolgt ist. Es reicht, wenn der Pflichtteilsberechtigte einfach gar nicht genannt ist. Beispielsweise setzt Eduard seine Frau Mathilde testamentarisch zur Alleinerbin ein. Wenn Sohn Hanno dabei gar nicht erwähnt wird, ist Hanno automatisch pflichtteilsberechtigt. Er kann dann sein Pflichtteil geltend machen.

Es gibt weiterhin die Möglichkeit, als pflichtteilsberechtigter Erbe wenn Beschränkungen aus dem Testament hervorgehen das Erbe auszuschlagen und dann den Pflichtteil geltend zu machen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn eine Testamentsvollstreckungsanordnung im Testament enthalten ist oder das Erbe unter einer Auflage oder einem Vermächtnis steht. Dabei sollte man aber aufpassen, denn wer Erbe ist und das Erbe ausschlägt, hat nur unter bestimmten Voraussetzungen überhaupt noch ein Pflichtteilsrecht. Das heißt, dass das Pflichtteilsrecht auch durch die Ausschlagung verloren gehen kann. Wenn man also in diesem Bereich etwas machen möchte, sollte man das zunächst einmal prüfen lassen, idealerweise anwaltlich.

Wann entsteht ein Pflichtteilsanspruch?

Prinzipiell entsteht ein Pflichtteilsanspruch automatisch mit dem Tod. Aber es ist notwendig ihn geltend zu machen. Das heißt der Pflichtteilsberechtigte muss den Erben auf den Pflichtteil in Anspruch nehmen. Der Pflichtteil wird also nicht automatisch berücksichtigt. Theoretisch ist es möglich, den Pflichtteil mündlich anzufordern. Praktisch zu Beweiszwecken sollte man das aber unbedingt schriftlich tun. Der Inhalt des Pflichtteilsanspruchs ist zunächst einmal der sogenannte ordentliche Pflichtteil, der dann um einen sogenannten Pflichtteilergänzungsanspruch ergänzt wird. Der ordentliche Pflichtteil betrachtet das, was zum Todeszeitpunkt des Erblassers vorhanden war. Er setzt sich also zusammen aus allen Aktiva unter Berücksichtigung der Passiva. Konkret heißt das, als Aktiva wären zu veranschlagen Geld, Sparkonten, Wertpapiere, mit ihrem Wert zum Todeszeitpunkt, aber auch Immobilien mit ihrem jeweiligen Wert zum Todeszeitpunkt oder auch werthaltige Gegenstände wie Schmuck, Münzen, ein PKW oder ähnliches. Auch Firmenbeteiligungen fallen da im Übrigen zum Teil darunter. Dies muss man sich dann genauer anschauen.

Auf der Passivseite sind typische abzugsfähige Schulden solche, die vom Erblasser stammen. Das heißt zum Beispiel Darlehen, offene Rechnungen, aber auch Kosten die durch den Erbfall verursacht sind, wie Beerdigungskosten, klassischerweise.

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch soll im Gegensatz zum ordentlichen Pflichtteil sicherstellen, dass der Nachlass nicht lebzeitig durch Schenkungen zu Lasten des Pflichtteilsberechtigten ausgehöhlt wird. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch betrifft damit alle Schenkungen des verstorbenen Erblassers innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren vor dem Tod. Das besondere dabei ist, dass der Wert einer jeden Schenkung innerhalb dieses Zeitraums von zehn Jahren, ab dem Zeitpunkt der Schenkung abzuschmelzen ist. Mit jedem Jahr, das seit der Schenkung vergangen ist, wird die Schenkung zu 10 % pflichtteilsfest und unterliegt damit dann nicht mehr dem Pflichtteilsergänzungsanspruch des Pflichtteilsberechtigten. Die einzige Ausnahme hiervon, die aber sehr häufig übersehen wird, ist die Schenkung an den Ehegatten. Schenkungen an den Ehegatten unterliegen nämlich nicht zehnjährigen Frist, sondern sie sind zeitlich unbefristet in die Berechnung einzustellen und sie unterliegen auch nicht der Abschmelzungsregelung. Zumindest dann nicht, wenn die Ehe erst durch den Tod aufgelöst wurde, was wiederum der Regelfall ist.

Wie lange habe ich Zeit meinen Pflichtteil geltend zu machen?

Prinzipiell sind dies drei Jahre. Der Pflichtteilsanspruch unterliegt der Regelverjährung und die Verjährung beginnt mit dem Todestag und zusätzlich der Kenntnis von der den Pflichtteilsberechtigten ausschließenden Verfügungen. Das heißt, ich kann erst ab dem Zeitpunkt meinen Pflichtteilsanspruch geltend machen, wenn ich Kenntnis davon habe, dass ich ausgeschlossen bin. Darauf nimmt das Gesetz Rücksicht, so dass erst dann meine Verjährungsfrist zu laufen beginnt.